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Rechnung ist nicht gleich Rechnung – insbesondere vor dem deutschen Finanzamt, das bei einer Umsatzsteuerprüfung genau hinschauen wird, ob Ihre Belege die erforderlichen Angaben einer ordnungsgemäßen Rechnung enthalten. Sind die Anforderungen nicht erfüllt, drohen Ihnen nachträgliche Steuernachzahlungen, weil Sie möglicherweise Vorsteuer dort abgezogen haben, wo es Ihnen nicht zustand.

Der Kauf der neuen Büroausstattung

Tim hat sich vor sechs Monaten mit drei seiner Studienkollegen selbstständig gemacht. Nun haben die vier Gründer eine günstige Gelegenheit erhalten, in professionelle Büroräume zu ziehen. Endlich haben sie eine gemeinsame Anlaufstelle, ein Büro, in dem sie Tag für Tag gemeinsam arbeiten können. Da sie die Räume ohne jegliche Ausstattung gemietet haben, fahren sie am nächstgelegenen Wochenende erst einmal zu IKEA, um sich neue Büromöbel zu kaufen. Nach mehreren Sitztests auf den verschiedensten Drehstühlen fällt die Wahl auf vier Stück des Modells MALKOLM, jedes à 79,- €. An der Selbstbedienungskasse muss Tim 316,- € zahlen und beschwert sich bei seinen Kollegen: „Ganz schön teuer!“. Markus, einer seiner Kollegen entgegnet: „Die 19 % Umsatzsteuer bekommen wir doch sowieso vom Finanzamt erstattet, de facto zahlen wir gerade mal 255,96 € dafür“.

Recht hat Markus theoretisch. Und praktisch?

In der Praxis hat Markus die Anforderungen, die an eine Rechnung gelten, nicht beachtet. Der Vorsteuerabzug gilt erst, wenn eine ordnungsgemäße Rechnung vorliegt. Und genau da steckt der Teufel im Detail.

Was sind die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Rechnung?

  • Vollständige Anschrift und Name des leistenden Unternehmers
  • Vollständige Anschrift und Name des Leistungsempfängers
  • Steuernummer oder Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des leistenden Unternehmers
  • Rechnungsdatum
  • Fortlaufende, eindeutige Rechnungsnummer (z. B. 2016-I-300 für die 300. Rechnung im ersten Quartal 2016. Die Rechnungsnummer muss zwar fortlaufend, aber nicht lückenlos sein. Wichtig ist, dass jede Rechnungsnummer nur ein einziges Mal existiert.)
  • Beschreibung der erbrachten Leistung (Bei Dienstleistungen: Art und Umfang, bei Warenlieferungen: handelsübliche Bezeichnung und Menge)
  • Zeitpunkt der erbrachten Leistung (Es genügt die Angabe des Monats. Wenn Rechnungs- und Lieferdatum identisch sind, genügt die Angabe: „Leistungsdatum entspricht Rechnungsdatum.“)
  • Nettobetrag für die Leistung
  • Steuersatz und der Steuerbetrag, der sich daraus ergibt
    Beispiel:
    Drehstuhl: 62,18 €
    Umsatzsteuer 19 % = 11,82 €
    Gesamtbetrag: 74,- €
  • Bei ausländischen, innergemeinschaftlichen Leistungen muss auch die Steuer-Identifikationsnummer des Leistungsempfängers angegeben werden

Der Kassenbon, den Tim und seine drei Mitgründer an der Selbstbedienungskasse von IKEA erhalten, enthält nicht alle diese Angaben. Zum einen fehlt die Adresse seiner eigenen Firma, zum Anderen sind nur kryptische Abkürzungen zur Bezeichnung des Artikels, z.B. MALKOM statt Stuhl MALKOM enthalten, was den Vorsteuerabzug zunichte macht.

Doch war da nicht etwas mit Rechnungen, die auf manche dieser Angaben verzichten können? Ja, die sogenannten Kleinbetragsrechnungen.

Ausnahmen bei Kleinbetragsrechnungen

Rechnungen, die Gesamtbeträge bis 150,- € brutto enthalten, kommen mit den folgenden wenigen Angaben aus:

  • Vollständige Anschrift und Name des leistenden Unternehmers
  • Rechnungsdatum
  • Beschreibung der erbrachten Leistung
  • Bruttobetrag
  • Steuersatz (i.d.R. 19 oder 7 Prozent)

Da der Betrag der vier Bürostühle den Wert von 150,- € brutto jedoch übersteigt, gilt diese Ausnahmeregelung hier nicht.

Das sollten die Gründer jetzt tun

Was bleibt den vier Gründern also übrig? Jeden Bürostuhl einzeln zu kaufen wäre ein gangbarer Weg.

Ich rate den vier Gründern, genau aufzupassen, was auf der Rechnung steht. Eventuell kann in manchen Läden auf Nachfrage sogar eine ordnungsgemäße Rechnung ausgestellt werden. Wenn der Kauf schon geschehen ist, sollten die Gründer zeitnah den Kontakt zu ihrem Steuerberater suchen; dieser kann sie am besten beraten, wie mit der Situation umzugehen ist.

Übrigens: Für bestimmte Rechnungsarten gelten weitere Ausnahmeregelungen bezüglich der notwendigen Angaben, die zum Vorsteuerabzug berechtigen. Dazu gehören u. a. Fahrausweise aus dem öffentlichen Personenverkehr.

Aufbewahrung von Rechnungen

Eine weitere Sache, die die Gründer beachten müssen, ist die Aufbewahrung der Belege bzw. Rechnungen:

Da für Kassenbons meist Thermopapier verwendet wird, werden diese mit der Zeit an Lesbarkeit verlieren. Die Gesetze (z. B. § 257 Abs. 4 HGB und § 147 Abs. 3 AO) schreiben vor, dass Unternehmer Rechnungen 10 Jahre lang aufbewahren müssen und diese die Lesbarkeit des Belegs sicherstellen müssen. Es ist daher ratsam, den Kassenbon einzuscannen oder zumindest zu kopieren. Ein guter Steuerberater übernimmt diese Aufgabe für Sie.

Die 10-Jahres-Frist beginnt mit dem 31.12. des Jahres, in dem der Beleg ausgestellt wurde. Sie gilt für Papier- als auch elektronische Rechnungen.

Elektronische Rechnungen müssen so gespeichert werden, dass sie nicht nur lesbar, sondern auch maschinell auswertbar sind. Sollte der elektronische Beleg z. B. in 2007 noch auf einer Diskette gespeichert worden sein sein, so muss der Steuerpflichtige dafür sorgen, dass bis Ende 2017 sowohl ein funktionsfähiges Diskettenlaufwerk als auch ein Computer mit entsprechendem Betriebssystem vorhanden sind, an den sich das Diskettenlaufwerk dann noch betreiben lässt.

Papier- als auch elektronische Rechnungen bewahren Sie am besten in einem Dokumentenmanagement-System (DMS) auf, das speziell für diesen Zweck geeignet ist. Wenn Sie auf Nummer sicher gehen wollen, geben Sie diese Aufgabe gleich an Ihren Steuerberater weiter, dann brauchen Sie sich keine zusätzlichen Systeme anschaffen. Der Belegaustausch kann dann auch über die Cloud Ihrer Wahl stattfinden.

Fehlerhafte Rechnungen und ihre Konsequenzen

Fehlen auf einer Rechnung die Pflichtangaben, wird Ihnen das Finanzamt den Vorsteuerabzug grundsätzlich verwehren.

Haben Sie weitere Fragen zum Thema Rechnungen? Bitte kontaktieren Sie mich hierzu oder hinterlassen Sie mir hier einen Kommentar.

Ihr Rainer Schulte

 

 

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